veröffentlicht in "Wirtschaft Mainfranken"
Ausgabe 08/1999
- herausgegeben von der Industrie- und Handelskammer
"In Spanien wohnen - in Deutschland arbeiten"
Europa wächst zusammen, der Immobilienkauf in Spanien
oder eine Geschäftserweiterung nach Spanien sind von
einigen ihrer früheren Hindernisse befreit.
Vor steuerlichen Überraschungen wird allerdings gewarnt.
Vorbei sind die Zeiten, in denen ein Deutscher in Spanien
Grundstücke nur über einen Strohmann spanischer
Nationalität erwerben konnte. Gleichwohl ist eine Investition
im Ausland angesichts des anderen Rechts- und Steuersystems
und der anderen Verwaltungsabläufe sorgfältig abzusichern,
um nicht früher oder später unliebsame Überraschungen
zu erleben. Hierzu gehört die spanische Erbschaftssteuer,
die mit 81 Prozent den höchsten Spitzensteuersatz aller
EU-Staaten aufweist.
Die Zeiten wandeln sich. Im sonnigen Süden auf der erworbenen
Finca den Ruhe- oder Unruhestand verbringen, dies ist eine
bereits seit längerer Zeit zu beobachtende Tendenz. Der
neue Trend geht dahin Formen zu finden, um bereits die Zeiten
des Berufslebens mit den Vorzügen des klimatisch angenehmeren
Südens zu verbinden. PC und e- mail machen es in manchen
Berufsfeldern möglich, die persönliche Anwesenheit
im Betrieb auf einige Besprechungstage im Monat zu reduzieren.
Für den Geschäftspartner ist es ja ohnehin oft zweitrangig,
ob sich der Geschäftspartner bei Telefonat im Bürozimmer
in Deutschland oder in seinem Arbeitszimmer auf der spanischen
Finca aufhält. Wer häufig beruflich national oder
international unterwegs ist, stellt sich zudem immer häufiger
die Frage: Warum soll meine Familie nicht im angenehmen Spanien
wohnen, wenn sie mich die ganze Woche sowieso kaum zu Gesicht
bekommt und schliesslich ist es doch auch angenehmer,
selbst die Wochenenden in Spanien zu verbringen.
Immobilienerwerb und Erbschaftssteuer
Doch wer sich auf unbekanntes Terrain begibt, kommt leicht
ins Rutschen. So ist es in Spanien möglich, Immobilien
rechtswirksam in einem privaten Kaufvertrag, ohne Notar und
ohne Grundbucheintragung, zu erwerben. Die Rückzahlung geleisteter
Anzahlungen ist oft nicht gesichert. Wer andererseits in der
Lage ist, mit Geduld oder Kenntnis der Gepflogenheiten auf
den landesüblichen Wegen nach dem gewünschten Grundstück
Ausschau zu halten, wird es ein solches mitunter noch zu einem vergleichsweise
günstigen Preis mit Aussicht auf erhebliche Wertsteigerungen
erwerben können. Dieser Wertgewinn kann sich allerdings
dann wieder in einen Wertverlust umkehren, wenn man bei der
Gestaltung des Generationenübergangs die spanische Erbschaftssteuer ausser Acht lässt.
Nur geringe Freibeträge für Familienmitglieder
Während in Deutschland die erheblich angehobenen Erbschaftssteuerfreibeträge
für Kinder 200.000 € und Ehegatten 300.000 € die Erbschaftssteuerproblematik jedenfalls bei
Vermögensnachfolge innerhalb der Kleinfamilie bis auf
weiteres abgemildert haben, sieht dies in Spanien ganz anders
aus. Nach der aktuell geltenden Regelung beträgt
der entsprechende Erbschaftssteuerfreibetrag für Ehegatten
und Kinder jeweils knapp 16.000 €, mithin weit weniger als 8/10 des aktuelles deutschen Erbschaftssteuerfreibetrages,
beim Ehegatten sogar lediglich 1/20. Bei Durchschnittssteuersätzen
bei dieser nahen Verwandtschaft zwischen 10 Prozent und 30
Prozent kommt es schnell zu erheblichen Wertverlusten beim
Generationenübergang, die nicht selten im Notverkauf
des Hauses enden. Hälftige Wertverluste ergeben sich
häufig bei der Auswahl des nichtehelichen Lebensgefährten
als testamentarischem Rechtsnachfolger. Ohne Freibeträge
kommen hier zudem noch höhere Steuersätze zur Anwendung.
Doppelter Steuersatz
Eine Besonderheit des spanischen Erbschaftssteuersystems,
verglichen mit dem deutschen, ist die Verdoppelung der Erbschaftssteuer
bei einem Vorvermögen in Spanien von über 382.038
€. Zudem gibt es zwischen Spanien
und Deutschland betreffend der Erbschaftssteuer kein Doppelbesteuerungs-abkommen.
Die gleichwohl mögliche Anrechnung ist teilweise unzureichend.
Ausgangsbasis für die Versteuerung ist der Verkehrswert
auch bei Immobilien. Dies ist ein weiterer Faktor, der zu
einer relativen Erhöhung der Steuerlast führt, jedenfalls
wenn man die in Spanien oft praktizierte nicht korrekte
zu niedrige Verkehrswertangabe durch den Erben ausser
acht lässt.
Frühzeitige Rechtsgestaltung
Zur systematischen Reduzierung der spanischen Erbschaftssteuer
steht je nach Einzel-fall ein mehr oder weniger reichhaltiges
Rechtsgestaltungsinstrumentarium zur Verfügung. Dieses
reicht vom Ersatz des Eigentums durch lebenslange Nutzungsrechte
über die Verlagerung von Hypothekenbelastungen von deutschen
auf spanische Grundstücke oder Kontengeldverlagerung
von Spanien nach Deutschland bis hin zur Vollmacht über
den Tod hinaus. Dringend zu empfehlen ist es, bereits beim
Erwerb von Auslandsvermögen in Spanien die erbschaftssteuerliche
Situation mitberücksichtigen zu lassen.
Einen weiteren Einstieg in diese Erbschaftssteuerthematik
bietet die kürzlich vom Vizepräsident des Finanzgerichtes
Rheinland-Pfalz Dieter Gebel im Verlag Recht und Wirtschaft
herausgegebene Abhandlung Erbschaftssteuer bei deutsch-spanischen
Nachlässen, ISBN 3-800520338-9.
Günter Menth
Rechtsanwalt / Abogado inscrito
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