(veröffentlicht im Mallorca
Anzeiger / El Aviso 09/2000)
Die Kommunikationstechnik entwickelt sich rasant. Per Internet
kann man binnen weniger Sekunden mit nahezu allen beliebigen
Orten in der Welt in Kontakt treten. Das Flugzeug verkürzt
die weitesten Entfernungen auf einen Reisetag. Nur wir Menschen
kommen bei dieser rasanten Entwicklung nicht mehr mit. Als
Deutscher die Mallorquiner richtig zu verstehen, dass kann
Jahre oder Jahrzehnte dauern, umgekehrt ist es nicht anders.
Mentalitätsunterschiede führen zu Missverständnissen
Es sind nicht nur die Sprachprobleme oder das Zurückgreifen
auf die jeweils nationalen Rechtskenntnisse oder das nationale
Rechtsempfinden, oft sind es die unterschiedlichen alltäglichen
Erwartungen, die Mentalitätsunterschiede, die auf Mallorca
zwischen Deutschen und Spaniern zu rechtlichen Auseinandersetzungen
führen.
Typische Bereiche sind hier Bauangelegenheiten, Mietverhältnisse
oder Geschäftsübernahmen unter Einbeziehung des
spanischen Vermieters oder Eigentümers.
Neben seiner Funktion als Übersetzer und Aufklärer
über die Rechtslage ist der international tätige
Anwalt in vielen Bereichen auch Mittler zwischen den Mentalitäten.
Die bewusste Irreführung, das ist eher die Ausnahme
Es gibt natürlich auch die Fälle, dass das gleiche
Lokal in Serie unter Weckung falscher Geschäftserwartungen
und hohen Provisionen immer an neue Mieter vermittelt wird,
dass Anzahlungen für Immobilien mit Konditionen versehen
werden, die der Käufer rein zeitlich und praktisch nicht
einhalten kann und deshalb seine Anzahlung verfällt oder
Provisionen für eine Darlehnsvermittlung verlangt werden,
ohne dass eine Darlehnsvergabe überhaupt möglich
ist.
Diese strafrechtlich relevanten Sachverhalte spielen sich
allerdings, - das zeigt die Praxis -, vornehmlich unter deutschen
oder jedenfalls Nicht-Spaniern auf Mallorca ab.
Deutsche und Mallorquiner an einen Tisch bringen
Das ist häufig schon der halbe Weg zur Überwindung
des Konfliktes. Wer den anderen rein sprachlich und in zweiter
Linie dessen Einstellungen nachvollzieht, ist damit erheblich
kompromissbereiter. Vom Anwalt kann dann auch erwartet werden,
dass er aus der Situation heraus für beide Seiten praktikable
Lösungswege entwickelt.
Internationale Firmen vermeiden gerichtliche Rechtsstreite
International tätige Personen und internationale Firmen
versuchen regelmässig gerichtliche Rechtsstreite zu vermeiden,
weil damit letztlich alle Seiten verlieren.
Da muss zunächst das international zuständige Gericht
festgestellt werden, das anwendbare Recht und wenn dies nicht
das des Gerichtsortes ist, muss die ausländische Rechtslage
mit entsprechenden Rechtsgutachten für das Gericht nachvollziehbar
gemacht werden.
Der damit verbundene Aufwand und die notwendigerweise ins
Land gehende Zeit führt zu dem Schluss: Mit der Vermeidung
eines gerichtlichen Rechtsstreites haben beide Seiten bereits
gewonnen.
Leitlinie: Schnell zum Ziel
Übertragen auf die auf Mallorca typischen Auseinandersetzungen
bei Bauangelegenheiten bedeutet dies bei Vorliegen eines nicht-professionellen
und zweideutigen Bauvertrages im Zweifel das Vertragsverhältnis
zeitnah aufzulösen und sich für die Fortsetzung
im zweiten Anlauf die richtigen Vertragsgrundlagen und Partner
zu beschaffen.
Worin besteht dann die zentrale Aufgabe des Anwalts ?
Diese liegt vor allem in der frühzeitigen Beratung,
oder Überprüfung eines Vertragsentwurfes. Die Abwicklung
hat in klaren Teilschritten zu erfolgen, bei denen Leistungen
und Gegenleistungen parallel einhergehen. Vom Anwalt kann
erwartet werden, dass er typische Problemsituationen vorhersieht
und durch entsprechende Gestaltungsempfehlungen vermeidet.
Die Öffnung eines Kontaktnetzes als Zusatznutzen
Der Zusatznutzen des international tätigen Anwaltes
vor Ort liegt auch darin, dass er den Mandanten über
die Rechtsberatung im engen Sinne hinaus auch das ihm zur
Verfügung stehende Kontaktnetz öffnet, den Weg erleichtert.
Anforderungen an den Anwalt
Hier ist zum einen der Zugang zu beiden Mentalitäten
zu nennen, die Kenntnis der einschlägigen, meist mehreren,
nationalen Rechtsordnungen, er sollte mindestens die Sprachen
Spanisch und Deutsch perfekt sprechen und Katalan zumindest
verstehen.
Hinzu kommt die Verständigungsmöglichkeit in englischer
Sprache.
Das Arbeiten im Netz ermöglicht es dem Anwalt, dem Mandanten
die oft nötigen Kontakte zu verschaffen. Von Vorteil
ist in der Praxis auch eine weitere Kanzlei oder zumindest
direkte Kooperationskanzlei in Deutschland, um über diesen
kurzen Draht die Rechtsangelegenheit in Deutschland mitbedienen
zu können.
Zeit- und Informationsbudget aufstellen
Wer nach Mallorca überzusiedeln gedenkt, dem sei daher
nachhaltig geraten, sich selbst ein Zeit- und Informationsbudget
zu reservieren.
Damit können viele persönliche Enttäuschungen
und finanzielle Fehlinvestitionen vermieden werden und: ohne
Integration im Sinne einer aufgeschlossenen Akzeptanz der
spanischen und mallorquinischen Mentalität und die Kenntnis
der spanischen Sprache fehlen die Voraussetzungen für
eine langfristige Übersiedlung nach Mallorca.
Erfolgversprechende Ansätze zur Konfliktvermeidung sind
die Informations- und Integrationsveranstaltungen die einige
mallorquinische Gemeinden, so Alcudia und Pollenca, in der
Vergangenheit zur Integration ausländischer Residenten
realisiert haben oder auch der für November 2000 geplante
"Residentenkongress" in Palma vorsieht.
Günter Menth
Rechtsanwalt / Abogado inscrito
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