(veröffentlicht in "Impacto"
Januar 2001, Zeitschrift der CIUDADANOS EUROPEOS)
Eigentlich, so sagen Sie zu Recht, sollte innerhalb der Europäischen
Gemeinschaft doch eine Rechtsangleichung stattfinden oder stattgefunden
haben, welche auch die Regeln des Immobilienerwerbs und dessen
Besteuerung in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft
in gleicher Weise regelt.
Tatsächlich ist dies allerdings noch immer nicht der
Fall. Und hier verstösst Spanien - im Gegensatz zu manch
anderen Rechtsgebieten -, noch nicht einmal gegen das gemeinsame
EG-Recht. Warum ?
Das Immobilienrecht und die diesbezügliche Besteuerung
wurde in den Römischen Verträgen zunächst noch
von der Angleichungspflicht ausgenommen. Soweit ersichtlich
liegen auch hierzu noch keine EG-weiten Vereinheitlichungsrichtlinien
vor. In den nächsten Jahren ist diesbezüglich also
keine Rechtsänderung zu erwarten.
So weist das spanische Immobilienrecht für Ausländer
nach wie vor eine ganze Reihe von überraschenden Regelungen
auf. Um Sie vor diesem Überraschungseffekt zu bewahren
und die spanische Rechtssituation von vornherein mit ins Kalkül
einzubeziehen, haben wir Ihnen dessen Besonderheiten in der
nachfolgenden Auflistung zusammengefasst:
1. Der Anwalt berät - der Notar beglaubigt.
Eine umfassende Beratung können Sie von einem spanischen
Notar nicht erwarten. Dessen Aufgabengebiet beschränkt
sich im wesentlichen auf die Überwachung der Einhaltung
der massgeblichen Formalien. Folglich sind die Notarkosten
auch vergleichsweise geringer.
Die rechtliche und regelmässige auch steuerliche Beratung
übernimmt in Spanien der Anwalt einschliesslich der entsprechenden
Vertragskonzipierung.
2. Bereits der privatrechtliche Vertrag ist rechtswirksam.
Nach dem spanischen Immobilienrecht kann ein Grundstück
oder Hausgrundstück im Extremfall sogar mit einer mündlichen
Vereinbarung verkauft werden. Jedenfalls aber genügt
ein privatschriftlicher Vertrag, um einen rechtswirksamen
Anspruch auf Grundstückserwerb zu begründen.
3. Eigentumsübergang spätestens mit dem Notarvertrag.
Der Eigentumsübergang wird nach Abschluss eines Privatvertrages
mit der tatsächlichen Grundstücksübergabe oder
mit dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages bewirkt.
Die Eintragung in das spanische Grundbuch ist somit zur Rechtsänderung
nicht mehr erforderlich, sondern hat nur, - juristisch ausgedrückt
-, deklaratorische Wirkung.
Tatsächlich bringt die Eintragung ins spanische Grundbuch
allerdings noch eine weitere Rechtssicherheit und ist daher
in jedem Fall zeitnah zu empfehlen. Denn mit dieser Eintragung
ist die Möglichkeit ausgeschlossen, dass der vorher im
Grundbuch eingetragene Eigentümer das Grundstück
nochmals rechtswirksam an einen anderen Dritten verkauft.
Die Tatsache des Eigentumsüberganges spätestens
mit Abschluss des notariellen Vertrages erklärt allerdings
weiterhin, dass die Verkäuferseite in Spanien darauf
bestehen muss, dass der Kaufpreis spätestens mit Abschluss
des notariellen Kaufvertrages vollumfänglich bezahlt
ist, da hiermit der Eigentumsübergang rechtlich vollendet
ist.
4. Die gemeindliche Bodenwertzuwachssteuer als spanische
Besonderheit
Eine Besonderheit des spanischen Steuersystems ist die
Besteuerung des Bodenwertzuwachses zum Zeitpunkt des Verkaufes
des Grundstückes durch die Gemeinde.
Zur Verwirrung Anlass gibt hier insbesondere die Bezeichnung
"plusvalía", also "Mehrwert(steuer)",
welche eine Verwechslung mit der Umsatz- oder Mehrwertsteuer,
spanisch "I.V.A." häufig hervorruft.
Für die Praxis wichtig ist zu wissen, dass nach der
Gesetzeslage die gemeindliche Bodenwertzuwachssteuer von der
Verkäuferseite zu bezahlen ist, in den meisten Immobilienkaufverträgen
diese allerdings auf die Käuferseite übertragen
wird. Daher sollte bei der jeweiligen Gemeinde bezogen auf
das konkrete Grundstück der zu zahlenden Bodenwertzuwachssteuerbetrag
vorab erfragt werden.
5. Wenn die Verkäuferseite eine anteilige "Schwarzgeldzahlung"
des Kaufpreises verlangt
Diese in Mallorca seit langem praktizierte Steuerhinterziehung
wird auch von dem Käufer gerne mitpraktiziert, weil sich
auf diese Weise mittels des "schwarzen" Kaufpreisteiles
elegant die im jeweiligen Herkunftsland nicht versteuerten
Geldbeträge investieren lassen.
Zur Rechtfertigung lässt sich des weiteren vorbringen,
dass auf diese Art und Weise die in andern Ländern existierende
legale steuerliche Privilegierung von Immobilienvermögen
in Spanien schlichtweg so auch erreichen lässt.
Dem weitsichtigen Käufer muss jedoch von Anwaltsseite,
nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Gesetzestreue, regelmässig
von dieser Unterverbriefung abgeraten werden. Das dicke Ende
kommt nämlich für den "schlauen" Käufer
zum Zeitpunkt des Weiterverkaufes. Dann nämlich versteuert
er häufig den "schwarzen" Kaufpreisanteil als
vermeintlichen Mehrerlös gegenüber dem Kaufpreis
bei seiner Einkommensteuer, obgleich ein derartiger Mehrerlös
gar nicht erzielt wurde und dann mit einem wesentlichen höheren
Einkommensteuersatz verglichen mit den "eingesparten"
7 % an Grunderwerbssteuer.
6. Risiken der Spontanentscheidung: Verliebt sein in eine
Immobilie kann gefährlich werden
Bei Spontanentscheidungen für ein Kaufobjekt wird
oft von dem entsprechenden Vergleichspreis in anderen Ländern
ausgegangen und es unterlassen, vorherige Preisvergleiche
anzustellen.
Weiterhin geht man zu den kurzfristigen Entscheidungen ohne
Vertrags- und Baurechtscheck erhebliche Risiken ein.
7. Art und Umfang der Bebaubarkeit als spezifisches Risiko
auf Mallorca
Überraschend und risikovoll zugleich ist die Tatsache
der schrittweisen, manchmal geradezu überfallartigen
Reduzierung der Bebaubarkeit auf den Balearen. Moratorien,
also vorläufige Baustopps, Heraufsetzung der Mindestgrundstücksgrösse
für die Bebauung im ländlichen Bereich und das Fehlen
von rechtsverbindlichen Bauvorbescheiden sind hier nur einige
von vielen einschlägigen Stichworten.
8. Wer ist denn überhaupt der rechtmässige Voreigentümer
?
Hier ist man als Ausländer geneigt, schlichtweg ins Grundbuch
zu schauen, um diese Frage zu beantworten. Angesichts der
Möglichkeit der Grundstücksübertragung per
Privatvertrag, in der Vergangenheit im ländlichen Bereich
häufig praktiziert, kann diese Suche nach den rechtmässigen
Voreigentümer auf den Balearen monatelange oder jahrelange
Recherchen erfordern.
Oftmals unklar blieb in der Vergangenheit auch die tatsächliche
Lage des im Grundbuch eingetragenen Grundstückes und
es wurden langwierige Recherchen beim Vermessungsamt notwendig;
für viele Nicht-Spanier nur schwerlich nachvollziehbar.
Der Grund lag darin, dass Grundbuchämter und Vermessungsämter
in der Vergangenheit unabhängig voneinander agierten
und erst in der Aktualität die gleiche Grundstücksbezeichnung
führen.
9. Ein Rechtsberatungsgesetz gibt es in Spanien nicht.
Speziell für Deutsche ungewöhnlich ist die Tatsache,
dass in Spanien auch Gestorien, Immobilienmakler und sonstige
Vermittler rechtsberatend tätig werden können, während
dies in Deutschland den Anwälten vorbehalten ist. Über
eine Haftpflichtversicherung für den Fall einer schadensträchtigen
Falschberatung verfügen die nicht-anwaltlichen Berater
allerdings praktisch nie.
10. Nichtresidenten werden beim Grundstücksverkauf
europarechtswidrig zu hoch besteuert
Während der massgebliche Einkommensteuersatz auf
den Gewinn beim Grundstücksweiterverkauf beim Residenten
in Spanien bei 20 % liegt, hat der Nichtresident hierfür
einen Steuersatz von 35 % zu bezahlen.
Diese europarechtswidrige Rechtspraxis in Spanien wird allerdings
dauerhaft keinen Bestand haben können, da eine unterschiedliche
Pauschalsatzbesteuerung von Residenten und Nichtresidenten
innerhalb der Europäischen Gemeinschaft rechtlich nicht
zulässig ist.
11. Die Erbschaftssteuerüberraschung bei der Vermögensnachfolge
Wer in Spanien eine Immobilie erwirbt, dem kann nur nachhaltig
empfohlen werden, vor diesem Erwerb unter Berücksichtigung
potentieller erbrechtlicher Rechtsnachfolger die Erbschaftssteuersituation
gleich prüfen zu lassen.
Mangels grösserer persönlicher Freibeträge
bei der Erbschaftssteuer in Spanien wird dies nämlich
ohne Vorsorgemassnahmen in der Regel eine teure Angelegenheit.
Dies liegt zum einen an den niedrigen Erbschaftssteuerfreibeträgen
in Spanien und zum anderen an den hohen Steuersätzen
mit einem Erbschaftssteuerspitzenbetrag bis zu 81,6 %.
12. Und die Kontrollfrage:
Werde ich mich in der neuen Immobilie auch auf Dauer wohlfühlen?
Sonne und Strand sind zwar angenehme Begleitumstände,
füllen aber auf Dauer nicht den Lebensinhalt aus. Gleiches
gilt für das Golfspielen.
Regelmässig ist das Sprechen der spanischen Sprache
und möglichst auch das Beherrschen der katalanischen
Sprache eine wesentliche Voraussetzung, um sich dauerhaft
auf Mallorca wohlzufühlen.
All dieses Anderssein sollte Sie aber nicht davon
abhalten, auf Mallorca eine Immobilie zu erwerben, wenn Sie
sich dies wohl überlegt haben.
|